Personalführung – ein Auslaufmodell

Personalführung ist eingebunden in eine Hierarchie. Weisungsbefugnisse sind festgelegt und es erfolgt ein Weisungsfluss „von oben nach unten“: der Manager instruiert den Abteilungsleiter, der Abteilungsleiter den Teamleiter, der Teamleiter die Angestellten. So oder ähnlich läuft es in den meisten Unternehmen ab. Auf jeder dieser Führungsebenen gibt es unterschiedliche Ansprüche an die Führungskraft und verschiedene Aufgaben, die diese zu bewältigen hat. Doch dieses Modell könnte ein baldiges Ende finden. Es entspricht nämlich einem veraltetem Verständnis von Organisationen. Diese Organisationsform befinden sich auf dem absteigenden Ast, wird sogar evolutionär überholt. So sieht es zumindest der Autor Frederic Laloux in seinem Buch „Reinventing Organizations*“ (auch hier*).  Laloux geht davon aus, dass sich Organisationen evolutionär entwickeln, angelegt an die psychologische und soziale Entwicklung der Mitglieder einer Gesellschaft, bzw. der Gesellschaft im Allgemeinen.

Die erste Entwicklungsstufe, die für Organisationen von Bedeutung ist, ist die „Tribal„-Stufe (Laloux spricht von Paradigmen) . Sie ist durch impulsives Verhalten und starke Machtstrukturen gekennzeichnet. Straßengangs oder die Mafia sind oft durch solche Muster gekennzeichnet. Zur besseren Orientierung kennzeichnet Laloux die verschiedenen Stufen durch Farben. Diese Stufe ist durch die Farbe Rot gekennzeichnet. Nach der roten Stammesstufe folgt die „Conformist-Amber„- Stufe. Organisationen auf dieser Stufe sind in der Lage, mittel- und langfristig zu planen und stabile Organisationsstrukturen aufzubauen. Als Beispiel nennt Laloux hier die katholische Kirche, Schulen oder das Militär. Die nun folgende und wahrscheinlich im Moment wichtigste Stufe ist die „Achievement-Orange„- Stufe. Auf dieser Stufe werden Effizienz und Effektivität zu dominierenden Entscheidern. Organisationen werde als Maschinen betrachtet. Dementsprechend sind Menschen Ressourcen. Die meisten globalen Unternehmen befinden sich auf dieser Stufe. Eine weiter Stufe ist die „Pluralistic-Green„- Stufe. Auf dieser Stufe spielen die Gefühle von Menschen eine entscheidende Rolle. Alle Perspektiven und Gefühle sollen als gleichwertig respektiert werden. Fairness, Gleichheit und Harmonie stehen im Zentrum. Einige heutige Unternehmen bewegen sich in diesem Paradigma, Laloux nennt als Beispiel „Ben & Jerry´s“. Die Entwicklung der Organisationen folgt also der Entwicklung der Gesellschaft von Stammesgesellschaft (rot) über traditionelle Gesellschaft (Bernstein) und Moderne (orange) zu Postmoderne (grün).

Der letzte Schritt in der Entwicklung von (Gesellschaft und) Organisationen ist die „Evolutionary-Teal„- Stufe. Organisationen auf dieser Stufe sind selbst-organisierend und haben praktisch keine Hierarchie mehr. Es gibt kein klassischen Arbeitsplatzbeschreibungen mehr, vielmehr sollen die Mitglieder der Organisation das tun, von dem sie glauben, dass sie es am besten können. Sieht zum Beispiel ein Monteur die Notwendigkeit, den telefonischen Kundenservice auszubauen und glaubt, dass er diese Aufgabe besser erfüllen könnte, als seine bisherige, steht es ihm offen, die Position zu wechseln. Zu verantworten haben Organisationsmitglieder ihr Handeln vor allem sich selbst und ihren Kollegen gegenüber. Entscheidungen werden nicht „oben“ in einer Hierarchie getroffen, sondern können grundsätzlich überall getroffen werden. Man macht sich die Intelligenz der Masse zu nutze. Wenn beispielsweise ein „einfacher“ Arbeiter eine Idee zur Verbesserung der Effizienz durch den Kauf einer neuen Maschine hat, kann er theoretisch diese Entscheidung treffen. Er muss diese Idee allerdings vorher mit allen von der Entscheidung betroffenen besprechen und sich die Vorschläge und Kritiken aller anhören. Letztlich kann ihm aber die Entscheidung niemand abnehmen.

Ohne Hierarchie gibt es keine Führungsrollen im klassischen Sinn. Grundsätzlich sind alle Organisationsmitglieder gleich. Macht ist nicht von oben nach unten, sondern gleichmäßig verteilt. Der Kollege ist die wesentliche Größe zur Beurteilung der eigenen Leistung. Sind Führungskräfte also bald Geschichte? Nun, vor allem wird sich die Rolle der Führungskräfte entscheidend ändern. Vom Auftraggeber und Aufgabenverteiler hin zum Koordinator und Mediator. Machtausübung und Anweisungen treten in den Hintergrund. Vielmehr müssen sich Führungskräfte als Positionen mit erhöhter Verantwortung verstehen. Sie sollten dafür Sorgen, dass sich ihre Bezugsgruppe entsprechend ihrer Möglichkeiten entfalten können.